Aus der Geschichte des Landkreises

Eine der reizendsten Partien des Landes

Die Lage des Landkreises kennzeichnen ausgedehnte und artenreiche Naturräume, die Berge an der Trauflinie der Schwäbischen Alb, Flusstäler und Höhenzüge.

Das Gebiet des heutigen Landkreises Tübingen erstreckt sich zwischen dem wald- und tälerreichen Naturpark Schönbuch im Norden und der „blauen Mauer" des Albtraufs im Süden. Hier haben die wichtigsten Flüsse, der von Westen kommende Neckar, die jenseits der Kreisgrenze bei Herrenberg entspringende Ammer und die vom Albrand herabfließende Steinlach, das „Schichtstufenland" durchbrochen und einen vielfältig strukturierten Raum geschaffen, den die Oberamtsbeschreibung 1867 überschwänglich als „eine der reizendsten Partien des Landes" beschrieb.

Zwischen dem Neckar- und dem Ammertal erstreckt sich ein langer, schmaler Bergrücken, dessen westlichen Auslieger die von Ludwig Uhland besungene Wurmlinger Kapelle krönt. Deren malerische Lage dient häufig zur Darstellung schwäbischer Landschaft überhaupt. Neben den Flusstälern prägen bewaldete Höhenzüge den Landkreis, vor allem der Schönbuch nördlich und der Rammert südlich des Neckars. Die meisten Steillagen entlang der Flusstäler und am Albrand sind ebenfalls mit Bäumen bestanden. Fruchtbare Äcker und Wiesen gibt es sowohl in den oft buchtartig verbreiterten Tälern als auch auf den höher gelegenen Platten und Flächen, von denen jene im westlichen Landkreis bereits zum Oberen Gäu zählen. Diesen Elementen verdankt das Gebiet des Landkreises Tübingen seinen charmanten Wechsel von waldigen Höhen, Flusstälern, Weinberg- und Streuobstregionen, Dörfern, Wiesen und fruchtbaren Äckern.

Geologie zu betreiben macht im Landkreis Tübingen besonders Spaß. Denn hier liegen gleich mehrere Erdzeitalter wie auf dem Präsentierteller unter der Bodenkrume. Jede Ära hat ihren Fingerabdruck hinterlassen – verschiedene Ablagerungen aus denen die Gesteine entstanden. Die ältesten Gesteine dieses Gebietes (Muschelkalk) stehen im Oberen Gäu an und sind rund 200 Millionen Jahre alt. Als sie abgelagert wurden, bedeckte ein riesiges Meer unseren Raum. In der nachfolgenden Keuper-Zeit wechselten sich Meere und Festland mehrfach ab und es entstanden die Kunterbunten Schichten des Keupers. Im Jura kehrte das Meer für Jahrmillionen zurück. Ganz obenauf liegt als jüngste Schicht der Weiße Jura. Allerdings nicht überall. Dafür, dass in unserem Raum auch ältere Schichten ans Tageslicht treten, sorgten gewaltige Verschiebungen der Erdkruste im Tertiär (vor 65 bis zwei Millionen Jahren). Seinerzeit stießen zwei Krustenplatten aneinander und setzten enorme Kräfte frei: Im Süden falteten sich die Alpen auf, das heutige Oberrheintal sackte ab und das heutige Südwestdeutschland geriet in Schieflage. Dadurch, dass die Schichten kippten, konnten Wind und Wasser längst zugedeckte Gesteine wieder zum Vorschein bringen.

Je nachdem, wie hart oder weich diese Gesteine sind, setzte ihnen die Witterung unterschiedlich stark zu. Harte Sandsteine und Kalk widerstanden der Erosion am besten und bilden heute markante Stufen in der Landschaft. Die süddeutsche „Schichtstufenlandschaft" erhielt so im Laufe der Zeit ihr heutiges Gesicht. Dieses verändert sich weiterhin, auch wenn wir diesen langsam verlaufenden Prozess nur in Ausnahmefällen wie am Hirschkopf bei Mössingen beobachten können.

Luftbild: Bergkette in südliche Richtung vom Rossberg bis zum Dreifürstenstein gesehen, die den Rand der Schwäbischen Alb bildet, in den Tälern teils Wolkennebel
Der Albtrauf vom Roßberg bis zum Hohenzollern
Bergrücken mit Wurmlinger Kapelle, im Hintergrund ein Tal mit Ortschaften und bewaldete Landschaft
Höhenzug des Spitzbergs mit der Wurmlinger Kapelle auf dem westlichen Ausläufer, im Hintergrund das Ammertal und der Schönbuch
Große senkrecht stehende Kalksteinplatte mit zahlreichen versteinerten großen Schnecken (Ammoniten)
"Schneckenplatte", geborgen beim Bau des Schulhauses in Bodelshausen, geologisches Institut Universität Tübingen. In Ofterdingen im Flussbett der Steinlach ist ein "Schneckenpflaster" bei Niedrigwasser zu sehen. Die Ammoniten des Jurameers sind ausgestorbene Verwandte der heutigen Tintenfische, bei der Versteinerung hat sich das an eine sehr große Schnecke erinnernde Gehäuse ohne die Weichteile erhalten.

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